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13.06.2022

Metaverse – Die Evolution des Internets und Revolution des Bankwesens?

Der Begriff „Metaverse“ gewinnt bereits seit einigen Jahren an Bedeutung und zahlreiche Umstände haben dem Thema zusätzlich Auftrieb gegeben: Die Corona-Pandemie zum Beispiel weckte aufgrund der umfassenden Kontaktbeschränkungen und Home-Office-Regelungen bei vielen das Interesse an der Thematik. Auch die Umbenennung von Facebook zu „Meta“ und die Ankündigung von Mark Zuckerberg, sich im Metaverse zu positionieren erregte die Aufmerksamkeit der breiten Masse.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Metaverse?

Das Wort selbst setzt sich aus den Begriffen Meta und Universum zusammen und bedeutet in etwa „fiktives Universum“. So neu wie der Begriff für viele Menschen scheint, eine Art Metaverse wurde bereits im Jahre 1991 durch den Autor Neal Stephenson im Roman „Snow Crash“ vorhergesagt. Das Metaverse wurde darin als eine virtuelle Realität beschrieben, in der Menschen als Avatare existieren. Außerdem wurden einzelne Bestandteile aufgezählt, die sich mit der heutigen Vision des Metaverses überschneiden. Das heutige Metaverse wird als verkörpertes Internet angesehen, dessen Inhalte von echten Individuen kontrolliert, geformt und gelebt werden. Seit vielen Jahren kann man bereits in verschiedenen Videospielen die Ansätze eines Metaverse beobachten. Deshalb ist es keine Überraschung, dass das Entwicklerstudio Epic Games neben Meta (ehemalig Facebook) und Microsoft zukünftig großes Entwicklungspotential sieht und mehrere Milliarden Dollar für die Finanzierung der Entwicklung solcher Visionen einplant. Das Metaverse gilt jetzt schon für viele Experten als die nächste Evolutionsstufe des Internets und ist längst nicht mehr nur für die Gaming-Szene interessant.

Mit Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und dem vollständig immersiven Raum der virtuellen Realität findet neue Technik sukzessive Einzug in viele Bereiche des alltäglichen Lebens. Die Vorabprüfung von Immobilien, der Kauf und Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen mithilfe von Metaversetokens oder auch der Austausch von Bildern und Dokumenten sind bereits heute möglich. Auch am Arbeitsplatz kann das Metaverse neue Möglichkeiten eröffnen: Während der Pandemie haben viele Arbeitnehmer notgedrungen neue Eindrücke virtueller Arbeitsweisen erlebt und so Optimierungspotenziale und Chancen erkannt. Eine 2022 in Deutschland durchgeführte Umfrage von OMD und Annalect ergab, dass 61 % der befragten Personen entweder schon einmal im Metaverse aktiv waren oder eine baldige Nutzung in Betracht ziehen. Die Umfrage untersucht im nächsten Schritt, welche Aktivitäten Nutzer und Interessierte im Metaverse besonders ansprechen. Der Fokus liegt bisher deutlich im Freizeitbereich.

Das Metaverse ist der Einstieg in eine neue Ära, die unbeschränkte Möglichkeiten und viele neue Perspektiven für die User eröffnet. Dank der fortschrittlichen Technologien wird das Metaverse zum Mainstream.

Welche Chancen eröffnet das Metaverse für Banken?

Mit großen und schnellen Wachstumsperspektiven bietet das Metaverse auch Banken die Möglichkeit, in ein breites und innovatives Feld einzusteigen. In den kommenden Jahren wird es unumgänglich für sie sein, sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen - egal, ob sie planen, ein eigenes Metaverse zu etablieren oder in eine bestehende Plattform zu investieren, um Teil dieser zu werden. Das steigende Marktpotential und der vorhergesagte Ansturm an Nutzern prophezeit auch Banken eine positive finanzielle Entwicklung.

Da traditionelle Banken in der Regel noch nicht dieselben Technologien oder das nötige Fachwissen besitzen, um sich im Metaverse zu etablieren, stehen sie vor einer großen Hürde. Durch die Nähe zum dezentralen Finanzwesen haben es digitale Banken und FinTechs einfacher, sich im Metaverse zu positionieren und so traditionelle Banken zu verdrängen. Gerade deshalb müssen sich letztere durch Investitionen oder Partnerschaften rechtzeitig den Herausforderungen stellen und die Chancen im Metaverse nutzen. Sobald sich Banken für das Metaverse öffnen, ergeben sich sowohl interne als auch externe Änderungen.

Interne Veränderungen

Durch die stetige Verbesserung von VR und AR steigt die Qualität von Remote Meetings, die globale Zusammenarbeit wird vereinfacht und die User Experience wird verbessert. Diese Technologien werden mit der Zeit immer alltagstauglicher und einfacher zu bedienen. Die Unternehmen können dadurch ihr Arbeitsumfeld optimieren und ihre Arbeitsräume kreativer gestalten. Mit dem neuen hybriden Arbeitsmodus könnten die Mitarbeiter in einer Besprechung oder einem Training, unabhängig von ihrem Standort, im virtuellen 3D-Raum teilnehmen. Auch der Integrationsprozess neuer Mitarbeiter wird dadurch erleichtert. Metaverse-Aktivitäten sind in vielerlei Hinsicht bereits für Banken einsetzbar: So hat die Deutsche Bank 2021 beispielsweise in Zusammenarbeit mit Microsoft und Hololux, einem Tech-Unternehmen aus Saarbrücken, das sich mit VR-Technologien befasst, eine Weihnachtsfeier im Metaverse abgehalten. Mithilfe von Microsoft Teams wurden Vorträge im Metaverse von der Deutschen Bank und Holoux veranstaltet. Diese wurden mit interaktiven und spielerischen Aktivitäten wie einem virtuellen Feuerwerk und einer virtuellen Schneeballschlacht begleitet.

Nach diesem ersten Schritt der Deutschen Bank in Richtung Metaverse sind weitere gemeinsame Projekte zwischen der Bank und Hololux nicht auszuschließen. Die positive Einstellung der Deutschen Bank zum Metaverse zeigt sich auch in deren Support für das Unternehmen Matterport. Diese erstellen virtuelle 3D-Zwillinge von verschiedensten Immobilien. Die Bank sieht für Matterport bedeutende langfristige Chancen und sagt steigende Kurse für das Unternehmen vorher.

Externe Veränderungen

Ebenfalls sollte externes Interesse durch den möglichen Strom an zukünftigen Nutzern geweckt werden. Gartner, eine amerikanische Beratungsfirma, sagt voraus, dass sich spätestens im Jahr 2026 25 % der Weltbevölkerung mindestens eine Stunde am Tag im Metaverse aufhalten werden. Nicht nur deshalb könnte die Entstehung eines digitalen Sitzes im Metaverse Banken eine breitere Kundengruppe verschaffen und ihnen dabei helfen, ihre Bestandskunden zu halten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine Filiale im Metaverse wäre von überall auf der Welt zugänglich und durch die Sicherheit der Blockchain Technologie können Kunden theoretisch komplett unabhängig vom Wohnort bzw. Sitz der Bank gewonnen werden. Die Kunden werden veränderte Bedürfnisse haben und angepasste Produkte erwarten. Denkbar sind Kredite für das Metaverse oder Absicherungen für das Vermögen im Metaverse. Immer mehr Brands bieten ihre Produkte in digitaler Form an, wodurch immer mehr Transaktionen entstehen. Dies ist für Banken besonders interessant, da diese Zahlungen orchestriert werden müssen..

Mit dem Einstieg in eine „Gaming“-Plattform lösen sich Banken vom klassischen Unternehmensbild. Dadurch können sie mit höherer Wahrscheinlichkeit auch mehr junge Kunden gewinnen. Vor allem für die Generation Z (Jhrg. 1995 –2010), welche das Metaverse in vollen Zügen erleben wird, ist es sinnvoll Werbekampagnen im Metaverse durchzuführen und die soziale Interaktion herzustellen. Die Generation Z verbringt schon jetzt im Schnitt über 7 Stunden am Tag mit Gaming und/oder Social Media. Laut Quynh Mai, Gründerin und Geschäftsführerin von Moving Image & Content, ist das digitale Leben für diese Generation genauso wichtig wie das reale Leben. Sie wachsen den größten Teil ihres Lebens digital auf und schließen digitale Freundschaften. Durch das Metaverse hat diese Generation die Möglichkeit, ihr digitales Dasein noch umfassender und intensiver auszuleben.

Das finanzielle Potenzial für Banken liegt nicht nur im finalen Metaverse, sondern auch in dessen Entstehung. Die Entstehung von Immobilen und Grundstücken in der virtuellen Welt bietet für Banken eine Möglichkeit auf Profit durch Hypotheken oder ähnliches. Allein im Jahr 2021 wurden mehr als 500 Millionen US-Dollar im Metaverse für virtuelle Grundstücke ausgegeben und diese Zahl soll sich laut der Analysefirmen Meta Metric Solutions im Laufe des Jahres 2022 verdoppeln. Ebenfalls hat sich der Durchschnittspreis für ein virtuelles Grundstück seit Juni 2021 von $6000 auf $12000 erhöht.

Wie ist die aktuelle Situation im Banking?

Betrachtet man die aktuelle Situation im Bankwesen, könnte diese nicht unterschiedlicher aussehen. Während sich in einigen Ländern die ganze Thematik zum Mainstream entwickelt, gibt es auf der anderen Seite auch Länder, die den Startschuss verpasst haben. Dies verdeutlicht noch einmal, wie umstritten das Thema ist.

TerraZero, ein Tech-Unternehmen für Finance im Metaverse, bietet bereits Hypotheken im Metaverse über NFTs an. Alternativ können Banken Kredite mit einer regulären Währung oder dem digitalen Euro ermöglichen, oder ihren Kunden ein "Metaversewallet" anbieten. So würde sich das Geld im Wallet, dem Metaverse, in welchem man sich aktuell befindet, anpassen und den Kauf von Gegenständen oder Dienstleistungen ermöglichen. Dies wäre eine Alternative zu Kryptowallets, welche nur die Möglichkeit der Lagerung von Kryptos bieten.

So bietet z.B. die EQIBank ihren Kunden die Möglichkeit, neben traditionellen Vermögenswerten auch Kryptoassets anzulegen. Zugleich kann eine Debit-Karte genutzt werden, die in der realen sowie der virtuellen Welt einsetzbar ist. Es ist eine der ersten Banken, die auf der DeFi Plattform agiert und die reale mit der digitalen Welt verbindet. Der Nutzer kann seine Metaverse-“Dollar” im echten Leben ausgeben sowie sein reales erspartes Geld auch für Investitionen oder Käufe im Metaverse nutzen.

In Südkorea, einem der Vorreiter digitaler Innovationen im weltweiten Vergleich, haben sich vier Baken herauskristallisiert, die in besonderem Maße digital agieren. Die Industrial Bank of Korea (IBK) plant mit der Social-Media-Plattform Cyberworld eine digitale Filiale in deren Metaverse Cyberworld Z zu eröffnen. In dieser Filiale soll es auf das Metaverse angepasste Finanzprodukte geben, welche durch die eigene virtuelle Währung, „Dotori“ von Cyberworld Z bezahlt werden. So plant die IBK ein Sparbuch zu erstellen, bei welchem der Nutzer anhand der Menge von Dotori belohnt wird. Des Weiteren möchte die KB Kookmin Bank ein virtuelles Office eröffnen. Erste Versuche mit verschiedenen Services im Metaverse konnten schon Anfang des letzten Jahres getestet werden.

Intensiver hat sich auch die südkoreanische Hana Bank mit der Thematik befasst. Gegen Ende des letzten Jahres wurde eine "Task Force“ gebildet, die mit verschiedenen Tech-Unternehmen zusammenarbeitet und gemeinsam Dienstleistungen und Seminare off- und online entwickelt, die gerade für die Generation Z interessant sind. Aber auch intern ist die Hana Bank aktiv: Nach eigenen Angaben wurden interne Besprechungen und Anwendungen auf Metaversebasis umgestellt, um bei den Mitarbeitern ein besseres Verständnis für die Materie zu entwickeln.

Die wohl bekannteste Bank, die sich im Metaverse schon aktiv positioniert hat, ist J.P. Morgan. Die Bank hat im Februar 2022 eine Lounge im Decentraland eröffnet.Eine erste Krypto-Präsenz lieferte J.P. Morgan schon 2019 mit der Einführung des JP Morgan Coins (JPM), gefolgt von der neusten Errungenschaft, der Onyx Lounge im Decentraland. Onyx ist eine Tochtergesellschaft von J.P. Morgan, welche sich genau mit dieser Blockchain und Metaverse-Thematik befasst und mit „Liink“ ein eigenes Netzwerk besitzt. Neben einem leuchtenden Schriftzug mit dem Namen der Lounge, wird man von einem Tiger begrüßt, der sich in der Lounge fortbewegt. Der Nutzer kann sich Konferenzen und Informationsvideos zu generellen Kryptothemen anschauen und über eine Zeitleiste die Fortschritte von J.P. Morgan in der Kryptoindustrie verfolgen. Wegen des hohen Potenzials, das J.P. Morgan im Metaverse sieht, wollen sie Pionier auf dem Gebiet werden. Sie sind fest davon überzeugt, dass sich das Metaverse in jedem Sektor etablieren wird und schätzen die Marktchancen in der Finanzbranche auf 1 Billionen Dollar Jahresumsatz. Deshalb ist es interessant zu verfolgen, wie sich die Lounge entwickelt und welche anderen Projekte in Zukunft folgen.

Metaverse – Ein risikofreier Ort für jedermann?

Obwohl das Metaverse viele neue Perspektiven eröffnet und einen Beitrag zum Weltwirtschaftswachstum leisten könnte, birgt es auch Risiken. Vor allem in puncto Datenschutz: Es wird stark spekuliert, inwiefern das Metaverse die Cybersicherheiten von Banken verbessern oder verschlechtern könnte.

Zwar soll die Blockchain-Technologie höhere Sicherheitsmaßnahmen versprechen, doch nach den Phishing-Angriffen auf den weltweit größten NFT-Marktplatz OpenSeaoder und den zahlreichen Betrugsfällen mit Kryptowährungen kommen Zweifel auf. Da NFTs und Kryptowährungen eine zentrale Rolle in der Metaverse-Ökonomie spielen, könnten solche Sicherheitslücken schnell Gefahren und Ängste in einer dezentralisierten Plattform wie dem Metaverse verbreiten. Dies könnte auch einen Grund für einen zurückhaltenden Einstieg vieler potenzieller neuer User und Banken sein, die die Wachstumsperspektive des Metaverse bremsen. Während man die Endgeräte zunächst über verschiedene Tools wie VPN, Proxy oder Anti-Malware-Software absichern kann, ist eine ganzheitliche Betrachtung im Bereich Cybersicherheit unumgänglich. Neben der perfekten Kombination aus Sicherheitstools, müssen Mitarbeiter sowie Nutzer für das Thema sensibilisiert werden. Unternehmen müssen Schwachstellen-Scans durchführen, um sicherzustellen, dass ihre Systeme keine Sicherheitslücken aufweisen. Ein Metaverse kann nur dann funktionieren, wenn jedem Nutzer die Notwendigkeit, sich vor den Risiken zu schützen, bewusst ist.

Eine weitere Herausforderung stellt die Regulierung dar. Allein durch die Vielzahl an Kryptocoins und dem Wunsch nach der Verwendung von virtuellem Geld in der realen Welt und umgekehrt, muss eine weltweite Regulierung erfolgen, die für alle Banken und auch Nutzer im Metaverse gleichermaßen gilt. Wie diese Überschneidungen aussehen können, bleibt zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Die Entwicklung des Web 2.0 zog sich über 20 Jahre. Deshalb kann man beim Web 3.0 und dem Metaverse nicht mit einer klaren Perspektive über Nacht rechnen.

Fazit

Der Einstieg von Banken ins Metaverse eröffnet viele neue Perspektiven: Banken können den Bedarf an neuen digitalen Produkten decken, parallel neue Kunden generieren und Bestandskunden halten. Der Handel für Banken mit Kryptos und NFTs lässt sich durch das Metaverse vereinfachen, wodurch sich Banken im Konkurrenzkampf gegen FinTech-Unternehmen besser positionieren können.

Da viele digitale Banken sowohl die Kenntnisse als auch die Flexibilität besitzen, in einem digitalen Workspace zu arbeiten, wird es bei traditionellen Banken schwierig, ihre meist unflexible Hierarchie und das konventionelle Bild anzupassen. Durch den schnellen Anstieg der Aufmerksamkeit sind viele Banken unsicher bezüglich des wirklichen Erfolges und scheuen sich vor dem Risiko. Das Metaverse ist (noch) keine Plattform für jede Bank; Chancen und Risiken müssen realistisch gegeneinander abgewogen werden. Die traditionellen Banken sollten dennoch aufmerksam bleiben, um im Metaverse nicht den Anschluss zu verpassen.

 

Autoren: Daniel Kat, Maissa Bachouche, Lily Riehl